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- 31. Mai 2020
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Wer sich an diesem langen Wochenende fragt, was wir an Pfingsten eigentlich feiern, dem sei das Buch „Die christlichen Jahresfeste – Hintergründe zum Feiern mit Kindern“ von Luise Schlesselmann ans Herz gelegt. Es führt uns durch den „christlichen Jahreslauf mit seinen verschiedenen Entsprechungen im Leben der Natur“.
Im Kapitel Himmelfahrt – Pfingsten finden sich viele interessante Gedanken:
„Zu den Festen, die innerhalb der kalten Jahreshälfte liegen, in der die Natur ihr Leben ganz zurückzieht, finden wir eine Reihe von Sinnbildern, die sich im Brauchtum bis heute erhalten haben.
Die Feste dagegen, die mit der reichen Entfaltung der Natur einhergehen, scheinen nur wenig Symbole und Bräuche zu kennen. Können wir daraus schließen, dass für diese Feste die Natur selber als Gleichnis, als Sinnbild anzusehen ist?“
„Himmelfahrt ist im eigentlichen Sinne das Blütenfest der Natur. Es sind vor allem die Obstbäume, die zu dieser Zeit ihr Blütenmeer verströmen. Haben wir auf der einen Seite das Bild der Wolke am Himmel, so finden wir in dem Blütenschaum der Obstbäume eine Art Gegenbild dazu. Wie ein duftendes wogendes Wolkenmeer scheint die Obstblüte die Erde einzuhüllen.
Die Erde atmet wieder aus, verströmt ihr Wesen in den Umkreis hinein.
Erdengeist und kosmische Geistigkeit nähern sich einander. Von dieser Vereinigung spricht Joseph von Eichendorff in seinem Gedicht Mondnacht:
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von Ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Die Seele weitet sich wieder, öffnet sich und scheint Flügel zu bekommen. Es wird heimatlich auf der Erde. Jeder Mai, in den der Himmelfahrtstag, und sehr oft auch das Pfingstfest, so gut wie immer fällt, scheint die Erde an die Paradieszeit zu erinnern.
Alles ist frisch und licht.
Fast möchte es scheinen, als wolle die Natur uns eine Sehnsucht einpflanzen, diesem Zustand auch innerlich zuzustreben.
An Himmelfahrt vollendet das Christuswesen seine Erdenmission, an Pfingsten werden die Jünger der Frucht dieser Erdenwirksamkeit für den Menschen teilhaftig. Die Jünger, die ihn zunächst durch den Tod verloren zu haben glaubten, die dann ein zweites Mal bei der Himmelfahrt das Empfinden haben mussten, ihn verloren zu haben, sie sind es, die an Pfingsten seine Wirksamkeit aufs neue erfahren.“
„Führen wir uns noch einmal die Ereignisse vor Augen.
Der Auferstandene war ihren Blicken, ihrem Wahrnehmungsvermögen mit der Himmelfahrt entzogen worden. Sie blieben aber beieinander, versammelten sich in seinem Geiste. Man kann wohl nur erahnen, welchen Schmerz es für sie bedeutete, den Mittelpunkt ihres Lebens verloren zu haben. Aus diesem Schmerz heraus aber wird nach zehn Tagen das Pfingstereignis geboren. Er ist zwar ihren Blicken entzogen, doch nun befeuert und impulsiert er ihr Tun, ihr Wirken. Sie fühlen seine Kraft sich einsenken in ihre Willensnatur, und damit beginnen sie, befeuert und beseelt von der Kraft des Heiligen Geistes, mit der Verbreitung des Christentums. Wie kann man eine solche Impulsierung des Menschen-Ich anders beschreiben, als im Bild des Feuers? Sprechen wir nicht auch davon, befeuert zu sein, wenn unser ganzes Wesen sich einer Sache tätig hingibt?
Manche Blüten ziehen, nachdem sie sich der Sonne hingegeben haben, ihre Blütenblätter wie im Schmerz zusammen, damit die Frucht entstehen kann; so kann auch die Menschenseele Himmelfahrt und Pfingsten empfinden.“
„Auch der Löwenzahn muss sich eine Zeitlang dem Licht verschließen. Er verdunkelt sich gegenüber dem Sonnenlicht, wie sich das Bewusstsein der Jünger für die Christus-Wesenheit verdunkelte.
Aus diesem Prozess des sich Zusammenziehens aber entstehen beim Löwenzahn die Samen, die nun mit dem Wind in alle Welt fliegen, wie einst durch die Frucht des Pfingstfestes das Christentum seine Ausbreitung in alle Welt erfuhr.
Wie das Himmelfahrtsfest blütenverwandt ist, so hat das Pfingstfest eine Beziehung zum Entstehen von Frucht und Samen. Ein wahrhaft erlebtes Pfingstfest bedeutet, dass das Christuswirken im Menschenstreben fruchtbar wird.“
„Pfingsten, das doch nur als Frucht aus den anderen Festen hervorgehen kann, ist ein Zukunftsfest.“
In diesem Sinne: Frohe Pfingsten!
Über weitere interessante Pfingstbräuche und Traditionen sowie Redewendungen berichtet der mdr in seinem Beitrag “Feuer und Flamme sein” vom 27.05.2020.
https://www.mdr.de/religion/kalender/was-feiern-wir-pfingsten100.html