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- 10. März 2013
- Neuigkeiten, Projekte
Die Klassenspiele sind wesentlicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit an Waldorfschulen, wobei die Aufführungen der 8. und 12. Klasse die größte Bedeutung haben und mit dem entsprechenden Aufwand erarbeitet werden.
Hier zum aktuellen Stück: Aufführungen “Momo”
Kinder schauspielern im Grunde dauernd: Sie ahmen eine Tätigkeit nach und dadurch können sie etwas lernen. So entwickeln wir Menschen uns von klein auf. Ohne diese Fähigkeit gäbe es keine Veränderung unserer Person. Das wirkliche Selbst wird davon permanent umspielt. Prägungen von außen, aber auch die innere Entwicklung – der Mensch, den man in den verschiedenen Konstellationen darstellt und verkörpert, ermöglicht Begegnungen mit dem eigenen Selbst. So wie unser Körper sich während der Lebenszeit verändert, verändert sich unsere Persönlichkeit – man könnte auch vom seelischen Wachstum sprechen, welches uns niemand mehr nehmen kann. Der Mensch trägt das Bedürfnis nach Entwicklung in sich, deshalb ist das Rollenspiel als ein Grundbedürfnis anzusehen.
Die erwachsenen Begleiter eines Stückes sollten sich diese Bedeutung des Theaters klar machen und die Möglichkeiten, die darin liegen – auch die negativen. Deshalb trägt der Regisseur, besonders wenn er mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, eine große Verantwortung. Wenn er gemeinsam mit der Klasse das richtige Stück findet, ist schon ein wichtiger Schritt getan, um gute Ergebnisse, die nicht immer auf der Bühne sichtbar werden müssen, zu erzielen.
Zwischen der Klasse und dem Stück muss es funken. Die Auswahl eines Stücks ist daher eine pädagogische Aufgabe, in die die Schüler einbezogen werden. Wir wollen erreichen, dass die Schüler sich mit dem Stück verbinden und der »Theaterfunke« überspringt. Nur wenn die Schüler sich mit dem Stück und ihrer Rolle identifizieren, Anteile ihrer selbst in ihr wiedererkennen, auch Anteile, die sie vielleicht erst entdecken und entwickeln werden, finden sie die nötige Begeisterung und das Feuer, die für das Spielen gebraucht werden. Es muss eine Resonanz zwischen Klasse und Stück geben.
Was lernt nun der einzelne Schüler durch die Gestaltung seiner Rolle? Nichts wirkt enttäuschender auf der Bühne, als ein Schauspieler, der nur sich selbst spielt. Die Schüler müssen lernen, in eine andere Haut zu schlüpfen. Das verlangt die Fähigkeit „von sich loslassen zu können“ und sich ganz dem anderen zu Verfügung stellen zu können. Das dramatische Prinzip besteht ja gerade in dieser Verwandlungsfähigkeit, in diesem „Ein-ganz-anderer-Sein“. Das ist ein hohes, ja schier unerreichbar scheinendes Ziel. Aber in diesem Ziel liegt Entwicklung, die man bei den Aufführungen unterschiedlicher Altersstufen deutlich erkennen kann. Hier trifft das weise Wort «der Weg ist das Ziel» zu, d.h. nicht eine besonders erfolgreiche Aufführung steht im Vordergrund, sondern der Prozess. Dieser Prozess beginnt mit den kleinen Darbietungen in der Unterstufe, entwickelt sich im Achtklass-Spiel weiter und krönt in der Aufführung der 12.Klasse und er ist bei der Erarbeitung jedes einzelnen Stückes erkennbar. Die Schüler verändern sich – sie lernen für das Leben!
Neben der künstlerischen Arbeit haben die Klassenspiele eine enorme Bedeutung für das soziale Leben: Es muss jeder gänzlich präsent sein und nur im Mittun aller kann sich der Erfolg entwickeln. Man lernt alle Beteiligten ganz neu kennen, man reibt sich um der Sache willen aneinander, aber man hat auch viel Spaß miteinander. Die Gemeinschaft wird gestärkt.
Die Theaterbühne ist also eine wichtige Vorbereitung der Schüler für die „Lebensbühne“.