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- 24. März 2009
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Es lasen: Christoph Brüning, Heinz Dietze, Erwin Uwe Engelmann, Heliodor Frankowski, Sven Larsen, Kerstin Muckenhaupt, Kay Schmidt, Heinrich Waegner
Im lichten, freundlichen Raum der Caféteria an der Waldorfschule Siegen lasen neun Autorinnen und Autoren Texte unter dem Titel „The beyondness of things“, begleitet von improvisiertem Klavierspiel. Ein Songtext, zufällig am Radio aufgeschnappt, habe den Anstoß gegeben zur Frage, was hinter den Dingen sei, erläuterte Jürg Schmied in seiner Moderation und machte klar, dass gerade die Dichter dazu etwas dazu sagen haben. Sie stellen die bekannte Welt und die Verstehensraster in Frage und schaffen mit Worten neue Sichtweisen der Wirklichkeit.
Erwin Engelmann, eigentlich mehr Lyriker, las zwei Kurzprosatexte. Das Alltägliche trifft auf seine Grenzen: Eine Frau, die sich mit ihrer Krebskrankheit auseinandersetzt, verzweifelt nach dem Haar greift, ob es wohl wieder nachwächst, und die Strukturen des Gewohnten festzuhalten versucht: „Der Hund muss noch raus.“ Eine verdichtete Lebenssituation im Anblick des Todes, jederzeit, überall.
Heliodor Frankowski warf in einem Gedicht zum Amoklauf in Erfurt Fragen auf, die uns auch jetzt wieder aktuell beschäftigen. In weiteren Texten gewannen seine oft überraschenden Reime auch humorvolle, aber immer tiefsinnige Nuancen.
Das unlösbare Rätsel, das sich hinter den Dingen verbirgt, beschäftigte Heinz Dietze, im Zauber einer Landschaft mit Feuchtwiesen, Mähdesüß, beginnender Dämmerung, ein Eindruck, vor dem auch die Sprache verstummt.
Mit Gedichten von eindringlicher lyrischer Kraft ließ Kerstin Muckenhaupt aufhorchen. Auch sie bewegt sich im Erleben der Landschaft, das aber eins wird mit der Sprache. So vermochte sie originäre, dichterische Bilder zu schaffen.
Wortwelten sind es, die Heinrich Waegner aufbaut und die der großen Welt spielerisch-sinnig zublinzeln. Er hatte die Anregung zum Thema „Jenseits der Dinge“ gegeben und ging im Spiel der Bedeutungen gekonnt damit um.
In dieser Vielfalt dichterischer Erlebensweisen erklangen die improvisierten Zwischenspiele von Bernd Limbecker wie Reflexe, Einwürfe. Er lauschte den Stimmungen nach, griff sie auf und führte sie prägnant weiter, manchmal bis zum treffenden Charakterstück.
Es folgte ein längeres, intensives Intermezzo von Sven Larsen am Klavier.
Für das Aufbrechen und Neubilden der Worte und Strukturen, für einen dichterischen Entwurf der Welt, gegen die Normalität plädierte Jürg Schmied und führte damit in den zweiten Teil der Lesung ein.
Christoph Brüning präsentierte Texte, die sich auflehnen gegen die verordnete Wirklichkeit, aufgewühlt von der Kluft zwischen Maske und dem wahrem Gesicht.
Die Gedichte von Sven Larsen erhoben sich melodiös-rhythmisch wie seine Musik, wenn er Ikarus auf seinem Flug in immer höhere Höhen folgt und dann die Worte in großem Spannungsbogen sanft verklingen lässt.
Und noch einmal in einem erzählenden Text führte Volker Bunse die Ich-Figur auf den Spuren ihrer selbst auf einer paradoxen Berg-Tour zum Gipfelkreuz in die eigene Umarmung.
Den Abschluss machte Kay Schmidt. Er erzählt. Von einer Innenwelt, in der Gefühle lange nachklingen, Gedanken rufen, wiederkehren in Worten. Eigentlich so, als unterhalte er sich mit Freunden, anwesenden und abwesenden.
Ein gelungener, vielfältiger und reicher Abend, den das Publikum angeregt in Gesprächen weiter führte.
Jürg Schmied