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- 14. September 2008
- Neuigkeiten, Schülervertretung
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Besonders aktuell für Schüler und Eltern der jetzigen 11. Klasse!Sehr viele interessierte Zuhörer aus der Schüler-, Eltern und Lehrerschaft waren am Dienstag, 2. September, zusammengekommen, um sich im Rahmen des Forums über das Konzept für die neue 12. Klasse zu informieren. Und sie wurden nicht enttäuscht. Wurde doch ein überzeugendes Konzept vorgestellt, dass die Bedeutung der 12. Klasse im Rahmen der Waldorfpädagogik und der allgemeinen menschlichen Entwicklung eindrucksvoll vor Augen führte.
Warum wurde eine Neugestaltung der 12. Klasse überhaupt notwendig? Durch die Einführung der Zentralprüfungen für die mittleren Bildungsabschlüsse wurde auch unsere Schule gezwungen, die mittleren Bildungsabschlüsse ein Jahr früher als bisher zu vergeben. So haben alle Schüler bereits nach der 11. Klasse einen Abschluss. Das bedeutet umgekehrt: Die 12. Klasse kann für die Schüler, die sich nicht auf das Abitur vorbereiten, völlig frei gestaltet werden. Und hier setzt auch das vorliegende Konzept an.
Die 12. Klasse, so führte Ilona Fanter aus, bringt die schulische Bildung erst zur Reife. Sie ist eine Schnittstelle zwischen dem schulischen Abschluss und der beruflichen Spezialisierung. Fehlt die 12. Klasse, so fehlt ein entscheidender Entwicklungsschritt in der Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen. Bildet sich in der 9. und 10. Klasse das eigenständige Denken heraus (Urteilsbildung), dem mit Mitte der 10. und in der 11. Klasse das selbständige Fühlen folgt (Empfindungsvermögen), so kommt der junge Mensch erst in einer 3. Phase, in der 12. Klasse, zur Reife. Fehlt dieser letzte Schritt, so überlagert das soziale und gesellschaftliche Leben mit seinen wirtschaftlichen Anforderungen das Entwicklungsbedürfnis junger Menschen. Erst in der 12. Klasse bilden sich kraftvolle, mündige Persönlichkeiten, die fragen: Wo ist mein Standpunkt? Wie und wo greife ich in das Leben ein? Wie und wo kann ich mein Wissen in die Tat umsetzen? Wie gestalte ich mein Leben? Für diesen letzten Schritt, in dem die Schüler die Intentionen für die Gestaltung ihrer eigenen Biographie erkennen, will die Schule mit der neuen 12. Klasse den entsprechenden Raum geben. Das entspricht übrigens auch voll und ganz den Lehrplänen Rudolf Steiners, der aus genau diesen Gründen eine 12-jährige Schulzeit vorgesehen hatte.
Andreas Stollwerck führte anschließend in die Struktur der 12. Klasse ein: Es wird differenziert zwischen studienorientierten (Vorbereitung auf das Abitur) und praxisorientierten Schülern (Vorbereitung des eigenen Berufseinstiegs).
19 Wochenstunden hat die gesamte Klasse gemeinsamen Unterricht (HU- Epochen in Deutsch (Faust), Physik, Chemie, Biologie und Kunstbetrachtung, dazu Fachstunden in Biologie, Erdkunde, Philosophie, Eurythmie und Sport).
13 Wochenstunden erhalten die praxisorientierten Schüler epochal spezifische Fachstunden zur Vorbereitung des eigenen Berufseinstieges. Das sind Fächer wie Berufsenglisch, Politik, Wirtschaft, Berufsmathematik und Deutsch, Buchführung und Darstellende Geometrie, Computer, Technologie und Pädagogik sowie das Abschlussportfolio, für die 6-9 Wochenstunden vorgesehen sind.
Im Berufsenglisch, so führte Gudrun Heim exemplarisch aus, gehe es nun nicht mehr um Textanalysen und grammatikalische Strukturen, sondern um den Gebrauch der Sprache im Alltagsleben. Wie kann ich auf die Welt mit der Sprache einwirken? Auch im Deutsch seien die Inhalte an der Praxis orientiert. Wie verfasse ich ein Protokoll, wie eine Erörterung, wie ein Pro – und Contra- Papier? In der Politik gehe es um eine Einführung in das Wirtschafts-, Geistes- und Rechtsleben. Insgesamt wolle man mit diesen Fachepochen die Schüler auf wirtschaftliche, soziale und technische Berufe vorbereiten. Ziel sei es, sie an das Leben heranzuführen, nicht in selbiges hinaus zu stoßen.
Die Fachepochen werden von Lehrern des Kollegiums, aber auch von externen Fachleuten unterrichtet, die man für bestimmte Epochen verpflichten werde. Neben den Fachepochen bleibt den Schülern Zeit (4-7 Wochenstunden) für Eigenarbeit. Dort können die praxisorientierten Themen vertieft, an einem individuellen Werkstück gearbeitet oder der Kontakt mit dem Betreuer der 12-Klass-Arbeit gepflegt werden.
Im Jahresverlauf sind zudem für die praxisorientierten Schüler verschiedene Zeiten vorgesehen, in denen sie ihre individuellen Praktika absolvieren können. So kann das in den Fachepochen Gelernte gleich in der Praxis vertieft werden. Hierbei gehe es, so führte Jürgen Becker aus, vor allem um die Frage: Was kann ich für meine Berufsvorbereitung noch tun im Praktikum? Welche Fähigkeiten kann ich mir noch aneignen, welche vertiefen? Bei jedem Schüler werde genau geschaut, welches Praktikum Sinn macht.
Dass die Kunst in diesem Konzept in vollem Umfang erhalten bleibt, freute Birgit Tiller sehr. Die Kunstgeschichtsepoche, das Kunstpraktikum und die Kunstfahrt werde weiterhin allen Schülern der 12.Klasse ermöglicht. Das sei auch richtig so, schließlich ziele schon von der Anlage her in der Waldorfpädagogik aller Kunstunterricht auf den Abschluss in der 12. Klasse. In der Kunstepoche werde traditionell die Architektur behandelt, die alle anderen Künste in sich einschließe.
Das an unserer Schule neu eingeführte Abschlussportfolio spiele bei diesem Konzept eine wichtige Rolle, verdeutlichte abschließend Sebastian Kühn. Die „besonderen Lernleistungen”, die die Schüler in diesem 12. Schuljahr erbringen, könnten in der Portfoliomappe dargestellt werden. So gestalte jeder Schüler seine individuelle Mappe, in der er seine Lernentwicklung darstellt und mit der er sich bewerben kann.
Nun muss sich das Konzept ab dem nächsten Schuljahr in der Praxis bewähren. Gut vorbereitet ist es allemal.
Michael Albe-Nolting